Mittwoch, 2. Januar 2019

Asbestfund in der JVA Lübeck: Baustopp: Quelle:sh:z Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag GmbH & Co. KG

Asbestfund in der JVA Lübeck: Baustopp

Häftlinge mussten möglicherweise asbestverseuchten Putz von den Wänden schlagen

Lübeck In der Justizvollzugsanstalt  Lübeck gibt es Streit um eine mögliche Asbestgefahr: Die staatliche Arbeitsschutzbehörde der Unfallkasse Nord hat für das Hafthaus E alle Schlitz-, Stemm- und Schleifarbeiten am Bestandsputz untersagt. Zuvor hatten Häftlinge sich beschwert, dass sie asbesthaltigen Putz ohne Schutzmasken von den Wänden schlagen mussten.
Der Konflikt hatte sich am  Haftraum E 224 entzündet, der zum Aufenthaltsraum umgebaut werden soll. Der Kieler Rechtsanwalt Till-Alexander Hoppe, der die Lübecker Häftlinge vertritt, sagt: „Sie berichteten mir von Raumluftproben mit Messwerten von 3000 Asbestfasern pro Kubikmeter, was weit über den Grenzwerten liegt.“ Trotzdem hätten vier bis fünf Gefangene der anstaltseigenen Baukolonne am 12. November den Putz ohne Schutzmasken von den Wänden schlagen müssen.
„Die Staubentwicklung soll unerträglich gewesen sein“, sagt Hoppe und betont: „Die Häftlinge forderten Staubmasken, die ihnen aber nicht gegeben wurden.“
Bestand für Häftlinge und Justizvollzugsbeamte eine Gesundheitsgefahr? Fakt ist, dass es in  der  JVA Lübeck Asbest gibt und deswegen kürzlich ein Schadstoffgutachten in Auftrag gegeben worden war. „Das kam jedoch zu sich teilweise widersprechenden Ergebnissen“, sagt Oliver Breuer, Sprecher im Justizministerium. Die vom Rechtsanwalt behauptete hohe Asbestfaserkonzentration in der Raumluft bestreitet das Ministerium. Breuer: „Sie lag zum Zeitpunkt der Messungen unter dem zulässigen Grenzwert von 500 Fasern pro Kubikmeter.“
Wie ging es mit Raum E 224 weiter? Laut Ministerium brachte die Baukolonne am 13. November etwa die Hälfte des Bauschutts offen in Eimern und Wannen zum Hänger der Gärtnerei. Am Tag darauf seien die Arbeiten dann gestoppt worden. Breuer: „Grund dafür ist die Anweisung der staatlichen Arbeitsschutzbehörde, wonach mit weiteren Arbeiten bis zur Auswertung des Schadstoffgutachtens zu warten ist.“
Die Arbeitsschutzbehörde hatte einen Tipp bekommen und war sofort über die Proben gestolpert, die wenige Tage vor Baubeginn genommen worden waren, nämlich am 6. November.  Für Raum 224 war in den Mischproben aus Farbe, Spachtelmasse sowie Putz von  Wand, Decke und Heizkörpernische Asbest festgestellt worden.
Wenn es einen Asbestverdacht gab, warum wurde in diesem Raum überhaupt mit den Arbeiten  begonnen? Breuer: „Ein konkreter Wert war nicht vermerkt, und es gab einen weiteren Prüfbericht vom Februar, in dem kein Asbest in der Wandprobe festgestellt worden war.“ Das Ministerium betont zudem, dass die Baukolonne die gesetzlich vorgeschriebene Arbeitsschutzausrüstung erhalten habe. „Es gab Handschuhe, Schutzbrillen, Gehörschutz und Grobstaubmasken“,  so Breuer. Der verhängte Baustopp wird auch nicht als Bestätigung einer Gefahr gesehen. Breuer: „Wir vermuten, dass es eine Vorsichtsmaßnahme ist. “
In dem Prüfbericht vom Februar steht, dass in drei weiteren JVA-Räumen im Wandputz jeweils Asbest gefunden wurde. Proben einen Monat später waren dann wieder negativ. Das erklärt das Ministerium damit, dass Asbest bis Mitte der 80er-Jahre Sanierungsprodukten  wie Moltofill zugefügt wurde. „Da diese Spachtelmassen nicht flächig, sondern punktuell verarbeitet wurden, können abweichende Ergebnisse bei Beprobungen vorkommen“, so Breuer. Mit anderen Worten: Es gibt Asbest-Hotspots in den Wänden, die aber so ganz genau niemand kennt. Rechtsanwalt Hoppe: „Ob Asbest in einem Raum gefunden wird, hängt schlichtweg vom Zufall ab. Vielleicht hätte man nicht Häftlinge die Proben nehmen lassen sollen, sondern Fachfirmen.“
Probenentnahmen durch Häftlinge? Der Sprecher des Justizministeriums räumt ein: „Das ist so passiert. Davor erfolgte aber eine themabezogene Beratung  sowie eine Fachbegleitung durch die GMSH.“ Dass die optimal war, bezweifelt ein Häftling in einem Telefonat mit unserer Zeitung: „Die Luftprobe zum Beispiel wurde mit Einmachgläsern eingefangen.“


Quelle:
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