Mittwoch, 2. Januar 2019

Asbestfund in der JVA Lübeck: Baustopp: Quelle:sh:z Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag GmbH & Co. KG

Asbestfund in der JVA Lübeck: Baustopp

Häftlinge mussten möglicherweise asbestverseuchten Putz von den Wänden schlagen

Lübeck In der Justizvollzugsanstalt  Lübeck gibt es Streit um eine mögliche Asbestgefahr: Die staatliche Arbeitsschutzbehörde der Unfallkasse Nord hat für das Hafthaus E alle Schlitz-, Stemm- und Schleifarbeiten am Bestandsputz untersagt. Zuvor hatten Häftlinge sich beschwert, dass sie asbesthaltigen Putz ohne Schutzmasken von den Wänden schlagen mussten.
Der Konflikt hatte sich am  Haftraum E 224 entzündet, der zum Aufenthaltsraum umgebaut werden soll. Der Kieler Rechtsanwalt Till-Alexander Hoppe, der die Lübecker Häftlinge vertritt, sagt: „Sie berichteten mir von Raumluftproben mit Messwerten von 3000 Asbestfasern pro Kubikmeter, was weit über den Grenzwerten liegt.“ Trotzdem hätten vier bis fünf Gefangene der anstaltseigenen Baukolonne am 12. November den Putz ohne Schutzmasken von den Wänden schlagen müssen.
„Die Staubentwicklung soll unerträglich gewesen sein“, sagt Hoppe und betont: „Die Häftlinge forderten Staubmasken, die ihnen aber nicht gegeben wurden.“
Bestand für Häftlinge und Justizvollzugsbeamte eine Gesundheitsgefahr? Fakt ist, dass es in  der  JVA Lübeck Asbest gibt und deswegen kürzlich ein Schadstoffgutachten in Auftrag gegeben worden war. „Das kam jedoch zu sich teilweise widersprechenden Ergebnissen“, sagt Oliver Breuer, Sprecher im Justizministerium. Die vom Rechtsanwalt behauptete hohe Asbestfaserkonzentration in der Raumluft bestreitet das Ministerium. Breuer: „Sie lag zum Zeitpunkt der Messungen unter dem zulässigen Grenzwert von 500 Fasern pro Kubikmeter.“
Wie ging es mit Raum E 224 weiter? Laut Ministerium brachte die Baukolonne am 13. November etwa die Hälfte des Bauschutts offen in Eimern und Wannen zum Hänger der Gärtnerei. Am Tag darauf seien die Arbeiten dann gestoppt worden. Breuer: „Grund dafür ist die Anweisung der staatlichen Arbeitsschutzbehörde, wonach mit weiteren Arbeiten bis zur Auswertung des Schadstoffgutachtens zu warten ist.“
Die Arbeitsschutzbehörde hatte einen Tipp bekommen und war sofort über die Proben gestolpert, die wenige Tage vor Baubeginn genommen worden waren, nämlich am 6. November.  Für Raum 224 war in den Mischproben aus Farbe, Spachtelmasse sowie Putz von  Wand, Decke und Heizkörpernische Asbest festgestellt worden.
Wenn es einen Asbestverdacht gab, warum wurde in diesem Raum überhaupt mit den Arbeiten  begonnen? Breuer: „Ein konkreter Wert war nicht vermerkt, und es gab einen weiteren Prüfbericht vom Februar, in dem kein Asbest in der Wandprobe festgestellt worden war.“ Das Ministerium betont zudem, dass die Baukolonne die gesetzlich vorgeschriebene Arbeitsschutzausrüstung erhalten habe. „Es gab Handschuhe, Schutzbrillen, Gehörschutz und Grobstaubmasken“,  so Breuer. Der verhängte Baustopp wird auch nicht als Bestätigung einer Gefahr gesehen. Breuer: „Wir vermuten, dass es eine Vorsichtsmaßnahme ist. “
In dem Prüfbericht vom Februar steht, dass in drei weiteren JVA-Räumen im Wandputz jeweils Asbest gefunden wurde. Proben einen Monat später waren dann wieder negativ. Das erklärt das Ministerium damit, dass Asbest bis Mitte der 80er-Jahre Sanierungsprodukten  wie Moltofill zugefügt wurde. „Da diese Spachtelmassen nicht flächig, sondern punktuell verarbeitet wurden, können abweichende Ergebnisse bei Beprobungen vorkommen“, so Breuer. Mit anderen Worten: Es gibt Asbest-Hotspots in den Wänden, die aber so ganz genau niemand kennt. Rechtsanwalt Hoppe: „Ob Asbest in einem Raum gefunden wird, hängt schlichtweg vom Zufall ab. Vielleicht hätte man nicht Häftlinge die Proben nehmen lassen sollen, sondern Fachfirmen.“
Probenentnahmen durch Häftlinge? Der Sprecher des Justizministeriums räumt ein: „Das ist so passiert. Davor erfolgte aber eine themabezogene Beratung  sowie eine Fachbegleitung durch die GMSH.“ Dass die optimal war, bezweifelt ein Häftling in einem Telefonat mit unserer Zeitung: „Die Luftprobe zum Beispiel wurde mit Einmachgläsern eingefangen.“


Quelle:
sh:z Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag GmbH & Co. KG
Fördestraße 20, 24944 Flensburg, Tel. (0461) 808-0, www.shz.de
Register Flensburg HRA 5896, Steuernummer: 15 286 62255
Komplementärin: sh:z Verwaltungs GmbH,
Sitz der Gesellschaft: 24937 Flensburg, Register Flensburg HRB 6677
Geschäftsführer: Axel Gleie, Joachim Liebler, Paul Wehberg


Der Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlags GmbH & Co. KG wird für die freundliche Genehmigung der Veröffentlichung ihres Artikels gedankt.

Sonntag, 23. Dezember 2018

Christliche Gedanken im Petitionsausschuss zur Kerze

Schleswig-Holsteinischer Landtag Petitionsausschuss
 Petition:                  L2123-19/527
Gegenstand:           Strafvollzug; Haftbedingungen, Kerzen in Hafträumen
Sitzung  vom 11.12.2018
Auszugsweise sei aus der Stellungnahme hiermit zitiert:
"In seiner Stellungnahme zur Petition führt das Ministerium aus, dass das Licht als religiöses Symbol in vielen Religionen verankert sei Eine Kerze sei jedoch in der Allgemeinheit kein besonderer religiöser Gegenstand, sondern könne als solcher genutzt werden. Kerzen seien ein Kulturgut mit vielfältigen Nutzungsarten und Erscheinungen, die weit über die Religion hin­ausgehen würden. Die Kerze habe keine religiös herausgehobene Stellung und finde in vielen weltlichen Bereichen Verwendung. Für das Gedenken an Verstorbene gebe es inzwischen auch 'LED-Kerzen.
Für den Petitionsausschuss ist die Kerze mit der Glaubenspraxis eines Christen eng verbunden. Eine Kerze symbolisiert im religiösen Kontext den Gegensatz von Licht und Finsternis und ist durch das Jesus-Wort „Ich bin das Licht der Welt" in der christlichen Gottesdienst- und Glaubenspraxis auf Jesus Christus bezogen. Ein künstliches Kerzenlicht kann nicht das Abbrennen einer echten Kerze ersetzen. Gerade dadurch, dass sich das Material der Kerze verzehrt, um Licht spenden zu können, wird symbolisch auf das Sterben und Auferstehen Jesu Christi ver­wiesen. Hierin besteht der Kern des christlichen Glaubens. Insbesondere im Rahmen von christlichen Feiertagen und bei der Trauerpraxis von Christen spielt die Kerze vor dem darge­stellten Hintergrund eine besondere Rolle und vermittelt nicht nur Geborgenheit und Wärme, sondern ist für gläubige Christen auch Sinnbild für das Leben nach dem Tod. Die Bedeutung der Kerze und ihres Lichts gehen in der christlichen Glaubenspraxis Weit über eine Verwen­dung im Rahmen des Brauchtums oder als Dekorationsobjekt hinaus.

Der Ausschuss unterstreicht weiterhin, dass § 53 Absatz 3 Strafvollzugsgesetz nicht auf die ausschließliche Nutzung eines. Gegenstandes im religiösen Bezug abstellt. Im Gesetz ist nicht von speziellen Gegenständen oder einer notwendigen herausgehobenen Stellung eines Gegen­standes die Rede, sondern nur von Gegenständen des religiösen Gebrauchs. Diese Auffassung wird gestützt durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. vom. 3. Juli 1986 (Az: 3 Ws 1078/85). Das. Gericht vertritt die Auffassung, dass unter den Begriff der Gegen­stände des religiösen Gebrauchs im Sinne von § 53 Strafvollzugsgesetz nicht nur solche fallen würden, die bereits ihrer Beschaffenheit nach ohne weiteres dem religiösen Bereich zuzuordnen seien. Vielmehr könnten hierzu auch solche Gegenstände gerechnet werden, die sowohl zu pro­fanen Zwecken wie zu religiösen Kulthandlungen benutzt werden könnten. Auf dieser Grund­lage stelle eine Kerze einen zum religiösen Gebrauch geeigneten Gegenstand dar. Das Oberlan­desgericht bezieht sich hierbei auf einen Beschluss des Landgerichts Zweibrücken vom 28. August 1984 (Az: 1 Vollz 41/84).
Dr. Tobias Müller-Monning, Gefangnisseelsorger in .der Justizvollzugsanstalt Butzbach und
rechtspolitischer Berater der Bundesweiten Konferenz Evangelische Gefängnisseelsorge, hat in
einem Artikel im 86. Mitteilungsblatt der Konferenz vom April 2017 konstatiert, dass die Definitionsmacht, ob Kerzen religiöse Gegenstände seien, dem Selbstbestimmungsrecht der Kir­chen unterliege. Eine Kerze sei im christlichen Glauben selbstverständlich die Repräsentanz des Christus und symbolisiere die Gegenwart Gottes in vielerlei Hinsicht. Nach Kenntnis des Petitionsausschusses sind bei der Vorbereitung des Erlasses Seelsorger oder Seelsorgerinnen nicht beteiligt worden. Eine solche Einbindung erachtet der Ausschuss jedoch gerade bei einer generellen Regelung für notwendig, um angesichts der Bedeutung des Grundrechts auf freie Religionsausübung eine angemessene Bewertung von religiösen Symbolen vornehmen zu kön­nen.                                                                          
Das Bundesverfassungsgericht konstatiert in seinem Beschluss vom 16. Oktober 1968 (Az: 1 ByR 241/66), dass der Begriff der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit unter anderem auch die Freiheit des kultischen Handelns umfasse. Da die Religionsausübung zentrale Bedeutung für jeden Glauben und jedes Bekenntnis habe, müsse dieser Begriff gegenüber seinem histori­schen Inhalt extensiv ausgelegt werden. Dafür spreche, dass die Religionsfreiheit nicht durch einen ausdrücklichen Gesetzesvorbehalt eingeschränkt sei, .nicht mehr in Zusammenhang .mit den anderen Bestimmungen über das Verhältnis von Staat und Kirche stehe (BVerfGE 19, 206 (219 f.)), nicht nach Artikel 18 Grundgesetz verwirkt werden könne und darüber hinaus durch < verfassungsrechtliche Sonderregelungen geschützt sei. Für das Bundesverfassungsgericht gehö­ren demnach kultische' Handlungen und die Beachtung religiöser Gebräuche zur Religionsausübung. Auch die Strafvollstreckungskammer des. Landgerichts Aachen hat in ihrem Beschluss vom 25. Juni 2014 (Az: 33i StVK 924/13) festgestellt, dass freie Religionsausübung auch das Recht des Gläubigen bedeute, sein äußeres Verhalten nach den Geboten seines Glaubens auszu­richten. "
Besser kann eine Überleitung in die Festtage kaum gelingen
Frohes Fest
Till-Alexander Hoppe

Montag, 17. Dezember 2018

Aufruf an Personen, die übermäßige körperliche Gewalt durch die Polizei in Deutschland erlebt haben. Angaben für ein Forschungsprojekt benötigt!

Der Onlinefragebogen auf Deutsch, Englisch, Französisch und Arabisch ist ab jetzt
unter www.kviapol.rub.de abrufbar.
Personen, die übermäßige körperliche Gewalt durch die Polizei in Deutschland erlebt haben, können
bis voraussichtlich Mitte Dezember 2018 teilnehmen.
Alle Angaben sind freiwillig und werden anonym erhoben.

Bitte unterstützen Sie uns bei der Verbreitung der Umfrage!

Bitte verbreiten auch Sie den Link zu der Befragung (ggf. erneut) über Ihre Netzwerke und erinnern
Sie Betroffene an die Möglichkeit der Teilnahme.
Ein Infoflyer auf Deutsch und Englisch kann kostenfrei bei der Ruhr-Universität Bochum bestellt werden.
Dazu genügt eine Email an kviapol@rub.de.

Wir freuen uns auch über Verlinkung und Unterstützung unseres Projektes in den sozialen
Medien (Twitter: @kviapol, Facebook: @projektkviapol).

Für Rückfragen steht die Ruhr-Universität Bochum gerne per Email oder Telefon zur Verfügung. Alle wichtigen Informationen
finden Sie auch auf deren Webseite.
Diese danken Ihnen vielmals für Ihre Unterstützung und senden freundliche Grüße,
Tobias Singelnstein, Laila Abdul-Rahman, Hannah Espín Grau und Nadine Drolshagen
Forschungsprojekt KViA-Pol
Lehrstuhl für Kriminologie
Ruhr-Universität Bochum | Juristische Fakultät
Postanschrift: Universitätsstraße 150 | 44801 Bochum
Besucheranschrift: Bochumer Fenster | Massenbergstraße 11 | 44787 Bochum
Tel: +49 (0)234 32-26820 | Fax: +49 (0)234 32-14328
kviapol@rub.de (pgp) | http://kviapol.rub.de/
Twitter: @kviapol
Facebook: @projektkviapol

Freitag, 23. November 2018

Prison Watch - News

http://www.prison-watch.de/index.php?article/113-bundesverfassungsgericht-bverfg-das-bverfg-unterstreicht-die-bedeutung-von-vollz/&highlight=Hoppe

Samstag, 20. Oktober 2018

Besprechung zu: BUNDESVERFASSUNGSGERICHT - 2 BvR 286/18-; Anspruch auf Vollzugslockerungen in der Sicherungsverwahrung


Vorliegende Entscheidung betrifft den Bereich der Sicherungsverwahrung.

Im Anschluss an eine Freiheitsstrafe kann Sicherungsverwahrung (SV) verhängt werden.
Diese kann die eigentliche Freiheitsstrafe über Jahre faktisch verlängern.

Vollzugslockerungen, insbesondere erfolgreiche Ausführungen, können sich posiv auf eine vorzeitige Beendigung der SV auswirken.
Diese wurden im vorliegenden Fall in verfassungswidriger Weise durch das LG Hamburg bzw. das Hanseatische Oberlandesgericht  verweigert.





Das in seiner Entscheidung aufgehobene Hanseatische Oberlandesgericht bzw. das LG Hamburg hat das auf
„Gewährung künftiger Begleitausgänge gerichtetes Verpflichtungsbegehren ausgelegt und dabei den Begriff „Begleitausgänge" auf von einer von der Justizvollzugsanstalt zugelassenen Person begleitete Ausgänge im Sinne von § 13 Abs. 1 HmbVVollzG verkürzt. „
Dass Bundesverfassungsgericht hat insoweit festgestellt, dass dies nicht dem Begehren des Beschwerdeführers entspricht. Da  „dessen ursprünglich gestellter Antrag hilfsweise auch auf eine Ausführung gerichtet war.“
Es kommt daher zu dem Schluss, „dass von dem im Antrag verwendeten Begriff „Begleitausgänge" nicht nur begleitete Ausgänge gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 HmbVVollzG, sondern auch Ausführungen in Begleitung von Vollzugsbediensteten gemäß § 13 Abs. 3 HmbVVollzG umfasst waren.“

In der diesseitigen Praxis ist zu beobachten, dass Fortsetzungsfeststellungsanträge häufig abschlägig beschieden werden.
Diesen Punkt hat das BVerfG in vorliegender Entscheidung zwar offen gelassen. Jedoch führt es aus:
„Gegen die Auslegung als Verpflichtungsantrag bestehen insofern Bedenken, als der Beschwerdeführer mit seinem ursprünglichen Antrag festgestellt wissen wollte, dass die Nichtgewährung einer für ein in der Vergangenheit liegendes Datum beantragten konkreten Vollzugslockerung rechtswidrig war, und dabei ausdrücklich auf eine konkrete Wiederholungsgefahr hingewiesen hatte. Daher spricht vieles dafür, dass es sich bei dem Antrag um einen (Fortsetzungs-)Feststellungsantrag gemäß §115 Abs. 3 StVollzG gehandelt hat, wobei nicht ersichtlich ist, dass die für dessen Zulässigkeit erforderliche Wiederholungsgefahr nicht vorgelegen hätte.“
Es bleibt zu hoffen, dass es nicht weiter Verfassungsbeschwerden bedarf, um dieser Praxis ein Ende zu bereiten.


Wieder Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht in: 2 BvR 286/18; Sicherungsverwahrung in Hamburg, Begleitausgänge


(Nachfolgender Beschluss wurde ohne Randnummern gescannt und anonymisiert;  etwaige Erkennungsfehler ersuche ich zu entschuldigen)


BUNDESVERFASSUNGSGERICHT - 2 BvR 286/18 -
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn .  ….., Am Hasenberge 26, 22335 Hamburg,
- Bevollmächtigter:  Rechtsanwalt Till-Alexander Hoppe,
Königsweg 20, 24103 Kiel-
gegen   a)   den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 9. Januar 2018 - 5 Ws 58/17 Vollz -,
b)        den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 16. November 2017 - 633 Vollz 167/16 -,
c)         den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 21. März 2017 - 5 Ws 17/17 Vollz -,
d)        den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 30. Dezember 2016 - 633 Vollz 167/16 -


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Hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch den Richter Huber und die Richterinnen Kessal-Wulf,
König gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekannt­machung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 19. September 2018 einstimmig beschlossen:
1.          Der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 16. No­vember 2017 - 633 Vollz 167/16 - verletzt den Beschwer­deführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 und in seinem Grund­recht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.
2.    Der Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 9. Januar 2018-5 Ws 58/17 Vollz - verletzt den Beschwer­deführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.
3.    Die Beschlüsse werden aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Hamburg zurückverwiesen.
4.    Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Ent­scheidung angenommen.
5.    Die Freie und Hansestadt Hamburg hat dem Beschwerde­führer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Gewährung von vollzugslockernden    1 Maßnahmen in der Sicherungsverwahrung.
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1.    Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem 8. Februar 2016 in Siche-   rungsverwahrung in der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel der Freien und Hanse­stadt Hamburg. Bis zum 8. Februar 2016 wurde eine zeitige Freiheitsstrafe von 13 Jahren in derselben Justizvollzugsanstalt vollstreckt.
2.    Zwischen Mai 2013 und Januar 2016 absolvierte der Beschwerdeführer 19     beanstandungsfreie Ausführungen. Für den 4. August 2016 erhielt der Beschwer­deführer seinen ersten Begleitausgang genehmigt.
3.    Am 20. September 2016 füllte der Beschwerdeführer auf einem Formular   einen „Antrag auf Vollzugslockerung" für den 13. Oktober 2016 aus, den er spä­testens am 6. Oktober 2016 stellte. Als Begründüng gab er an: „'Aufrechterhaltung der Lebenstüchtigkeit', Kontaktpflege, Einkauf von Laufschuhe und Winterlaufklei­dung sowie hilfsweise wg. abschlägig beschiedenen Langzeiturlaub".
4.  Auf diesen Antrag hin genehmigte ihm die Justizvollzugsanstalt am 6. Okto- 5ber 2016 einen „Begleitausgang" unter der Bedingung, dass er vor- und nachberei­tende Gespräche mit dem psychologischen Fachdienst führe. Am 12. Oktober 2016 verweigerte sich der Beschwerdeführer aber einem Vorgespräch und kündigte an, auch für ein Nachgespräch nicht zur Verfügung zu stehen. Daraufhin widerrief die Justizvollzugsanstalt die gewährte Vollzugslockerung.
5.    Am 19. Oktober 2016 stellte der Beschwerdeführer bei der Strafvollstre-  ckungskammer einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnung, „den bereits per Verfügung am 06.10.2016 genehmigten Begleitausgang ,zur Auf­rechterhaltung der Lebenstüchtigkeit' zu gewähren". In seinem Antrag führte er un­ter anderem aus, der Feststellungsantrag sei zulässig, weil der „infrage stehende Antrag auf Bewilligung eines Begleitausgangs - hilfsweise Ausführung - vorliegend erledigt" sei, weil es ihm bei dem Ausgang am 13. Oktober 2016 gerade auf einen bestimmten Termin angekommen sei. Zudem wies er darauf hin, die Gewährung von Vollzugslockerungen richte sich nach § 13 des Hamburgischen Sicherungs­verwahrungsvollzugsgesetzes (HmbVVollzG), der sowohl Ausführungen als auch Begleitausgänge regele, und trug vor, es habe bislang, auch bei der - von ihm als „Ausführung" bezeichneten - Vollzugslockerung am 4. August 2016, keine Vor-und Nachgespräche gegeben. In der Sache rügte der Beschwerdeführer die Ver­letzung seines Resozialisierungsanspruchs.


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§ 13 HmbVVollzG lautet auszugsweise:
(1)   Den Untergebrachten kann als Lockerung des Vollzuges
insbesondere erlaubt werden,
1. die Einrichtung für eine bestimmte Tageszeit in Begleitung einer von der Einrichtung zugelassenen Person (Begleitausgang) zu verlassen,
(2)   Die Lockerungen werden zur Erreichung der Vollzugszie­le gewährt, soweit nicht zwingende Gründe entgegenstehen, ins­besondere konkrete Anhaltspunkte die Gefahr begründen, dass die Untergebrachten sich dem Vollzug der Sicherungsverwah­rung entziehen oder die Maßnahmen zur Begehung von Strafta-. ten missbrauchen werden.
(3)   Werden Lockerungen nach Absatz 1 nicht gewährt, ist den Untergebrachten das Verlassen der Einrichtung unter ständi­ger und unmittelbarer Aufsicht für eine bestimmte Tageszeit (Aus­führung) zu gestatten. Ausführungen erfolgen mindestens vier Mal im Jahr. Sie dienen der Erhaltung der Lebenstüchtigkeit, der För­derung der Mitwirkung an der Behandlung oder der Vorbereitung weiterer Lockerungen und dürfen nur versagt werden, wenn kon­krete Anhaltspunkte die Gefahr begründen, dass die Unterge­brachten sich trotz besonderer Sicherungsmaßhahmen dem Voll­zug entziehen oder die Ausführung zu Straftaten missbrauchen werden.
(5) Die Leitung der Einrichtung kann den Untergebrachten Weisungen für Lockerungen erteilen.
6. In ihrer Stellungnahme vom 28. November 2016 beantragte die Justizvoll­zugsanstalt, den Antrag des Beschwerdeführers als unzulässig zurückzuweisen. Das Begehren des Beschwerdeführers sei darauf gerichtet, generell Begleitaus­gänge ohne Vor- und Nachgespräche gewährt zu bekommen. Daher sei eine Ver­pflichtungsklage einschlägig und vorrangig. Jedenfalls sei der Antrag unbegründet. Die Justizvollzugsanstalt sei berechtigt, „die Gewährung der Begleitausgänge an die Durchführung von Vor- und Nachgesprächen im Rahmen der Therapie zu knüp­fen". Der Stellungnahme wurde ein Vollzugsplan vom März 2016 beigefügt, in dem


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für Begleitausgänge ein Missbrauchs- und Fluchtrisiko gesehen wurde; zu Ausfüh­rungen wurde festgestellt, dass solche „vorhanden" seien.
7.    In seiner Stellungnahme vom 7. Dezember 2016 hielt der Beschwerdeführer vollumfänglich an seinem ursprünglichen Antrag vom 19. Oktober 2016 fest. An­tragsziel sei nicht die Verpflichtung der Justizvollzugsanstalt, Begleitausgänge ge­nerell nicht von Vor- und Nachbesprechungen abhängig zu machen, sondern fest­zustellen, „dass die Ablehnung der zuvor genehmigten Ausführung rechtswidrig war".
8.    Mit angegriffenem Beschluss vom 30. Dezember 2016 verwarf das Landge­richt Hamburg den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig, weil dem Beschwerdeführer das erforderliche besondere Feststellungsinteresse fehle und eine Verpflichtungsklage vorrangig gewesen wäre. Einer Auslegung als Verpflich­tungsantrag sei der Antrag unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Be­schwerdeführers vom 7. Dezember 2016 aber nicht zugänglich.
9.    In seiner gegen diese Entscheidung gerichteten Rechtsbeschwerde vom 8. Februar 2017 führte der Beschwerdeführer aus, das Landgericht habe gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen, indem es sein Gesuch aufgrund ,,formaljuristische[r] Spitzfindigkeiten" der „Unzulässigkeit zugeführt" habe. In der Sache gehe es ihm um Lockerungen nach § 13 HmbVVollzG, nach welchem den Untergebrachten erlaubt werden könne, „die Anstalt unter Aufeicht (§13 Abs. 1 Nr. 1 - Begleitaus­gang -, § 13 Abs. 3 Ausführung) [...] zu verlassen". Insofern stünde ein gewichti­ger Eingriff in das „einfachgesetzlich durch § 13 Abs. 1 f. HmbVVollzG konkreti­sierte" Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG in Rede. Er habe „ausdrücklich eine Vollzugslockerung beantragt, die wie sonst auch unter dauerhafter und unmittelbarer Beaufsichtigung" hätte stehen sollen und die er „be­reits 19 mal ohne Vor- und Nachgespräche gewährt bekommen hatte".

10.     Daraufhin hob das Hanseatische Oberlandesgericht mit angegriffenem Be­schluss vom 21. März 2017 den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 30. De­zember 2016 auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das Land­gericht zurück. Gemäß § 300 StPO sei der Antrag des Beschwerdeführers als sol­cher auf Verpflichtung zu künftigen Begleitausgängen ohne Vor- und Nachgesprä­che auszulegen.
11.     Mit Schreiben an das Landgericht Hamburg vom 29. März 2017 nahm der Beschwerdeführer ausdrücklich Bezug auf den bereits vorgetragenen Sachverhalt.


Zudem führte er aus, es sei „völlig unerheblich, ob die beantragte Vollzugslocke­rung im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 HmbSVVollzG zu gewähren gewesen wäre".
12.    Mit Schriftsatz vom 22. August 2017 nahm der inzwischen vom Beschwerde­führer beauftragte Verfahrensbevollmächtigte „ergänzend" Stellung und formulierte dessen Antrag wie folgt neu: „Die Antragsgegnerin ist zu verpflichten, dem Antrag­steller im beantragten Umfang Begleitausgänge nach § 13 des [HmbVVollzG] zu gewähren". Unter Wiedergabe des Wortlauts von § 13 Abs. 3 HmbVVollzG (der Ausführungen regelt) wurde angeführt, der Beschwerdeführer habe einen Anspruch „auf begleitete Ausgänge". Er begehre mit seinem Antrag nichts anderes als „das Verlassen der Einrichtung unter ständiger und unmittelbarer Aufsicht".
13.    Mit Schreiben vom 27. September 2017 verwies die Justizvollzugsanstalt ergänzend auf die Ausführungen in Ziffer 2.3 der dem Schreiben beigefügten Vollzugsplanfortschreibung vom 19. Juni 2017. Dort hieß es unter anderem, der Be­schwerdeführer sei für Ausführungen (§13 Abs. 3 HmbVVollzG) geeignet. Bei Begleitausgängen wurde demgegenüber aufgrund der unbehandelten Persönlich­keitsproblematik und der damit verbundenen mangelnden Auseinandersetzung des Beschwerdeführers mit den verübten Delikten eine konkrete Missbrauchsge­fahr gesehen.
14.    Das Landgericht Hamburg wies den Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung vom 19. Oktober 2016 in der anwaltlichen Fassung als Verpflichtungsantrag vom 22. August 2017 mit angegriffenem Beschluss vom 16. November 2017 als unbegründet zurück. Dem Beschwerdeführer stehe kein unmittelbarer Anspruch auf Gewährung von Begleitausgang ohne Vor- und Nach­gespräche zu. Die Verweigerung dieser Gespräche stelle einen zwingenden Ver­sagungsgrund im Sinne von § 13 Abs. 2 HmbVVollzG dar. Der Justizvollzugsan­stalt stehe für die Beurteilung von Flucht- und Missbrauchsgefahr keine andere Erkenntnisquelle als die verlangten Gespräche zur Verfügung, weil der Beschwer­deführer die Anlassdelikte leugne und sich bisher auf einen therapeutischen Pro-zess nicht eingelassen habe.
15.   Unter dem 20. November 2017 erhob der Beschwerdeführer gegen den
Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 16. November 2017 Rechtsbeschwer­
de. Im weiteren Verlauf trug er vor, im Ausgangsverfahren sei es „um die Gewäh­
rung einer Ausführung ,zur Aufrechterhaltung der Lebenstüchtigkeif" gegangen.
Hinsichtlich der Begleitpersonen für Begleitausgänge sei „unklar, ob es sich hier-


bei um Angehörige handelt oder um Personal der Jüstizvollzugsanstalt". Auch stel­le § 13 Abs. 1 HmbVVollzG für Lockerungen keine Bedingungen wie Vor- und Nachgespräche.
16. Das Hanseatische Oberlandesgericht verwarf die Rechtsbeschwerde mit angegriffenem Beschluss vom 9. Januar 2018, dem Beschwerdeführer und sei­nem Verfahrensbevollmächtigten am 16. Januar 2018 zugegangen, als unzuläs­sig. Das Oberlandesgericht wies darauf hin, es sei im Rahmen des Beurteilungs­spielraums nach § 13 Abs. 2 HmbVVollzG nicht zu beanstanden, dass die Jus­tizvollzugsanstalt die Gewährung von Begleitausgängen im Hinblick auf die Miss­brauchsgefahr von vor- und nachbereitenden Gesprächen des Beschwerdeführers mit dem psychologischen Fachdienst abhängig mache.
II.
1. Mit seiner am 15. Februar 2018 erhobenen Verfassungsbeschwerde wen-    det sich der Beschwerdeführer gegen die Beschlüsse des Landgerichts und des Oberlandesgerichts und rügt eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 und Art. 104 GG.
Zur Begründetheit führt er aus, die Gerichte hätten nicht vom Wortlaut des ur-  sprünglichen Feststellungsantrags abweichen dürfen. Dieser sei falsch ausgelegt worden. Selbst bei Auslegung als Verpflichtungsklage hätte es sich den Gerichten aufdrängen müssen, die Entscheidung unter Beachtung des die Ausführung re­gelnden § 13 Abs. 3 HmbVVollzG zu treffen. Denn den Fachgerichten sei be­kannt, dass die Justizvollzugsanstalt den Versagungsgrund der Nichtteilnahme an Vor- und Nachgesprächen nicht nur bei Begleitausgängen, sondern auch bei Aus­führungen ins Feld führe.
Es sei allseits unberücksichtigt geblieben, dass die Eignung des Beschwerde-  führers für Vollzugslockerungen im Sinne von § 13 Abs. 3 HmbVVollzG seit 2013 festgestellt sei und zahlreiche beanstandungsfreie Lockerungen erprobt worden seien, und ebenso, dass für Lockerungen in Gestalt von Ausführungen in einem Zeitraum von drei Jahren keine Vor- und Nachgespräche stattgefunden hätten. Es werde nicht deutlich, weshalb die Nichtteilnahme an solchen Gesprächen nun eine konkrete Flucht- oder Missbrauchsgefahr begründen sollte. Gerade bei und nach langjährigem Freiheitsentzug komme ein umfassendes Versagen von Lockerungen


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unter Einschluss von begleiteten Ausführungen nur in Betracht, wenn trotz der damit einhergehenden Sicherheitsvorkehrungen ein Missbrauch konkret zu befürchten sei. Der allgemein gehaltene Hinweis auf mangelnde Therapiebereitschaft könne nicht ausreichen.
. 2. Die Justizbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg hat mit Schreiben vom 4. Juli 2018 dahingehend Stellung genommen, dass die angegriffenen Be­schlüsse verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden seien. Der Beschwerdeführer begehre die Verpflichtung, ihm künftig Begleitausgänge ohne die Durchführung von Vor- und Nachgesprächen zu gewähren. Entgegenstehende zwingende Grün­de lägen insbesondere deswegen vor, weil sich der Beschwerdeführer der thera­peutischen Behandlung und der Auseinandersetzung mit den von ihm verübten Straftaten verweigere. Die Tatsache, dass mit dem Beschwerdeführer in der Ver­gangenheit beanstandungsfrei Begleitausführungen gemäß § 13 Abs. 3 HmbSVVollzG durchgeführt worden seien, führe nicht zu einem anderen Ergebnis. Diese unterschieden sich dadurch erheblich von dem begehrten Begleitausgang, dass letzterer ein höheres Maß an Freiheit und ein geringeres Maß an Sicherung und Kontrolle gewährleiste. Während die Begleitausführung durch ständige und unmit­telbare Aufsicht durch mindestens einen Justizvollzugsbediensteten gesichert er­folge, sei es beim Begleitausgang möglich, dass der Untergebrachte zeitweilig un­beaufsichtigt sei. Die Begleitung könne auch durch eine von der Justizvollzugsan­stalt zugelassene Person erfolgen, die kein Justizvollzugsbediensteter sei, und die­ne primär nicht der Sicherung, sondern der sozialen Hilfestellung. Deswegen sei­en die Vor- und Nachgespräche erforderlich, um einschätzen zu können, wie hoch die Missbrauchsgefahr sei.
3. Der Beschwerdeführer erwiderte mit Schreiben vom 13. August 2018, aus der vorliegenden Verfassungsbeschwerde ergebe sich, dass die ihm seit 2013 bis 2016 gewährten Vollzugslockerungen im Sinne von § 13 Abs. 3 HmbVVollzG sachgrundlos bis dato widerrufen worden seien. Es liege keine „konkrete" Gefähr­dungsprognose bei zu gewährenden Lockerungen im Sinne von § 13 Abs. 1 und Abs. 2 HmbVVollzG vor. Die Beurteilung der Flucht- und Missbrauchsgefahr durch die Justizbehörde basiere auf der Grundlage pauschaler Wertungen und dem Hinweis auf eine abstrakte Missbrauchsgefahr. Die Vor- und Nachgespräche seien als Filterfunktion zur Erkennung von „Restrisiken" ungeeignet, nicht erforder­lich und unverhältnismäßig.


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4. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht   vorgelegen.
III.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde in dem aus dem Tenor er-  sichtlichen Umfang zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt ist (§ 93b Satz 1 i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), und gibt ihr insoweit statt. Die Entscheidungskompetenz der Kammer ist gegeben (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG); die für die Entscheidung des Falls maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze sind in der Rechtspre­chung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Die Verfassungsbeschwerde ist da­nach in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zulässig und offensichtlich be­gründet im Sinne des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG.
1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, soweit der Beschwerdeführer sich    gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 16. November 2017 und den diesen bestätigenden Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 9. Januar 2018 wendet.
a)     Der Beschwerdeführer hat die Verfassungsbeschwerde nach Erschöpfung  des Rechtswegs in einer den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 und § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG entsprechenden Weise innerhalb der Monatsfrist hinrei­chend begründet. Er hat sowohl das angeblich verletzte Recht als auch den die Verletzung enthaltenden Vorgang substantiiert, und schlüssig vorgetragen (vgl. BVerfGE 81, 208 <214>; 99, 84 <87>; stRspr). Der Beschwerdeführer benennt in der Begründung seiner Beschwerde die einschlägigen Grundgesetzartikel aus­drücklich. Zur Begründung verweist der Beschwerdeführer auf die unzureichende Berücksichtigung von § 13 Abs; 3 HmbVVollzG (Ausführung) sowie die von sei­ner Formulierung abweichende Behandlung des ursprünglichen Feststellungsan­trags durch die Fachgerichte.
b)    Der Beschwerdeführer hat auch das Gebot der materiellen Subsidiarität be-  achtet. Insofern ist erforderlich, dass ein Beschwerdeführer vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde alle zur Verfügung stehenden und zumutbaren pro­zessualen Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Ver­fassungsverletzung zu erwirken (BVerfGE 74, 102 <113>; 114, 258 <279>; stRspr). Er hat während des Verfahrens wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass
es ihm darum ging, am 13. Oktober 2016 überhaupt eine Vollzugslockerung zu
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erhalten, dass auch eine Ausführung (i.S.v. § 13 Abs. 3 HmbVVollzG) seinem Be­gehren gerecht geworden wäre und dass sein Antrag folglich gegenständlich un­zureichend ausgelegt worden war. Dass sein damaliger Verfahrensbevollmächti-ger mit Schriftsatz vom 22. August 2017 den ursprünglich vom Beschwerdeführer gestellten (Fortsetzungs-)Feststellungsantrag in einen Verpflichtungsantrag zu­künftige Begleitausgänge betreffend umformuliert hat, kann dem Beschwerdefüh­rer nicht zum Vorwurf gemacht werden. Dieser Umstand war dem Beschluss des Oberlandesgerichts vom 21. März 2017 geschuldet, dem zufolge der ursprüngli­che Antrag vom 19. Oktober 2016 als Antrag auf Verpflichtung zu künftigen Be­gleitausgängen ohne Vor- und Nachgespräche auszulegen war.
c) Soweit sich der Beschwerdeführer auch gegen den Beschluss des Landge- richts vom 30. Dezember 2016 und den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 21. März 2017 wendet, ist die Verfassungsbeschwerde wegen Wegfalls des Rechts­schutzbedürfnisses unzulässig und wird deshalb nicht zur Entscheidung angenom­men. Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht haben nach Zu­rückverweisung der Sache an das Landgericht in vollem Umfang und unter Aus­wechslung der Begründung über den Streitgegenstand entschieden. Damit sind die vorangegangenen Beschlüsse prozessual überholt (vgl. BVerfGE 139,245 <263 Rn. 51 f>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 24. Juli 2018-2 BvR 309/15 und 2 BvR 502/16 -, juris, Rn. 60).
2. Die Verfassungsbeschwerde ist - soweit sie zulässig ist - auch begründet.      
a) Der angegriffene Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 16. November    2017 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG und in seinem Grundrecht auf Resozialisierung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.
aa) (1) Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet effektiven und möglichst lückenlosen 32 richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Die Gerichte müssen Anträge sachgerecht im Sinne effektiver Durchsetzung des begehrten Rechtsschutzes auslegen und dürfen das Gebot ef­fektiven Rechtsschutzes nicht „leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 117, 244 <268>; 122, 248 <271>).
(2) Diesen Anforderungen ist das Landgericht Hamburg in der angegriffenen    33 Entscheidung nicht gerecht geworden. Es hat das Begehren des Beschwerdefüh­rers - dem Beschluss des Oberlandesgerichts vom 21. März 2017 Folge leistend -
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als auf die Gewährung künftiger Begleitausgänge gerichtetes Verpflichtungsbe­gehren ausgelegt und dabei den Begriff „Begleitausgänge" auf von einer von der Justizvollzugsanstalt zugelassenen Person begleitete Ausgänge im Sinne von § 13 Abs. 1 HmbVVollzG verkürzt. Dies entspricht nicht dem Begehren des Be­schwerdeführers, dessen ursprünglich gestellter Antrag hilfsweise auch auf eine Ausführung gerichtet war. Auch der mit anwaltlichem Schriftsatz vom 22. August 2017 neu formulierte Antrag, in dem sich der Verfahrensbevollmächtigte überwie­gend mit der Regelung einer Ausführung gemäß § 13 Abs. 3 HmbVVollzG be-fasste und zu dem Ergebnis gelangte, dass der Beschwerdeführer zumindest nach dieser Vorschrift „einen unbedingten Anspruch auf Vollzugslockerung in Form von Begleitausgängen mindestens viermal im Jahr" habe, lässt sich entnehmen, dass von dem im Antrag verwendeten Begriff „Begleitausgänge" nicht nur begleitete Ausgänge gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 HmbVVollzG, sondern auch Ausführungen in Begleitung von Vollzugsbediensteten gemäß § 13 Abs. 3 HmbVVollzG umfasst waren.
(a)     Der Antrag des Beschwerdeführers war deshalb dahingehend auszulegen, dass der Beschwerdeführer begehrte, zumindest hilfsweise statt eines Begleitaus­gangs im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 1 HmbVVollzG eine Ausführung im Sinne von § 13 Abs. 3 HmbVVollzG zugesprochen zu bekommen. Dies ergibt sich bei der gemäß Art. 19 Abs. 4 GG angezeigten verständigen Würdigung seiner Anträ­ge und Schreiben unter Berücksichtigung seines tatsächlichen Begehrens. So hat­te der Beschwerdeführer seinen ursprünglichen Antrag nicht dahingehend qualifi­ziert, ob er einen Begleitausgang oder eine Ausführung anstrebte. Vielmehr ging es ihm allein darum, die Justizvollzugsanstalt zum begehrten Termin überhaupt verlassen zu können. Auch in allen nachfolgenden Verfahrensstadien und Schrei­ben des Beschwerdeführers und seines damaligen Verfahrensbevollmächtigten wird bei vollumfänglicher Berücksichtigung des Vortrags deutlich, dass Ausführun­gen im Sinne von § 13 Abs. 3 HmbVVollzG dem Begehren des Beschwerdefüh­rers ebenso gut gerecht geworden wären.
(b)    Offen bleiben kann demgegenüber, ob der ursprüngliche Antrag des Be­schwerdeführers nicht - wie vom Oberlandesgericht in seinem Beschluss vom 21. März 2017 angenommen - als Verpflichtungsantrag, sondern als (Fortsetzungs-)Feststellungsantrag auszulegen gewesen wäre. Gegen die Auslegung als Verpflichtungsantrag bestehen insofern Bedenken, als der Beschwerdeführer mit seinem ursprünglichen Antrag festgestellt wissen wollte, dass die Nichtgewährung einer für ein in der Vergangenheit liegendes Datum beantragten konkreten Voll­zugslockerung rechtswidrig war, und dabei ausdrücklich auf eine konkrete Wie-
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       derholungsgefahr hingewiesen hatte. Daher spricht vieles dafür, dass es sich bei
dem Antrag um einen (Fortsetzungs-)Feststellungsantrag gemäß §115 Abs. 3 StVollzG gehandelt hat, wobei nicht ersichtlich ist, dass die für dessen Zulässigkeit erforderliche Wiederholungsgefahr nicht vorgelegen hätte.
bb) Da der Antrag des Beschwerdeführers zumindest hilfsweise auch auf die   Gewährung einer Ausführung (bzw. die Feststellung der Rechtswidrigkeit von de­ren Versagung) gerichtet war, liegt zudem eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Grundrecht auf Resozialisierung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG vor.
(1) Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ver- pflichtet den Staat, den Strafvollzug auf das Ziel auszurichten, dem Inhaftierten ein zukünftiges straffreies Leben in Freiheit zu ermöglichen (vgl. BVerfGE 116, 69 <85 f.> m.w.N.; stRspr). Besonders bei langjährig im Vollzug befindlichen Perso­nen erfordert dies, aktiv den schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzuges ent­gegenzuwirken und ihre Lebenstüchtigkeit zu erhalten und zu festigen (vgl. BVerfGE 45,187 <238>; 64, 261 <277>; 98,169 <200>; 109,133 <150 f>; BVerfGK 17,459 <462>; 19,306 <315>; 20,307 <312>). Der Wiedereingliederung des Delinquenten dienen unter anderem die Möglichkeiten vollzugslockernder und vollzugsöffnender Maßnahmen (vgl. BVerfGE 117, 71 <99>). Durch diese Maßnahmen werden dem Gefangenen zudem Chancen eingeräumt, sich zu beweisen und zu einer günsti­geren Entlassungsprognose zu gelangen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. August 2010-2 BvR 729/08 -, juris, Rn. 32). Gerade bei Gefangenen, die die Voraussetzungen für weitergehende Lockerungen noch nicht erfüllen, dienen Ausführungen dem Erhalt der Lebensfähigkeit (vgl. BVerfGK 17,459 <462>; 19,306 <315f.>; 20,307 <312>). Bei langjährig Inhaftierten kann es daher, selbst wenn noch keine konkrete Entlassungsperspektive besteht, jeden­falls geboten sein, zumindest Lockerungen in Gestalt von Ausführungen dadurch zu ermöglichen, dass die Justizvollzugsanstalt einer von ihr angenommenen Flucht­oder Missbrauchsgefahr durch geeignete Sicherheitsvorkehrungen entgegenwirkt (vgl: BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 10. September 2008 - 2 BvR 719/08 -, juris, Rn. 3 und vom 5. August 2010-2 BvR 729/08 -, juris, Rn. 32). Dabei ist es durchaus zulässig, einen Mangel an therapeutischer Aufar­beitung als einen Gesichtspunkt bei der Einschätzung der Flucht- und Missbrauchs­gefahr zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Se­nats vom 8. November 2017-2 BvR 49/17 -, juris, Rn. 4).
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(2)   Der Beschluss des Landgerichts genügt diesen verfassungsrechtlichen
Vorgaben nicht. Die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen bestehen bei Ausfüh­rungen im Gegensatz zu Begleitausgängen üblicherweise - worauf die Justizbe­hörde in ihrer Stellungnahme zutreffend hingewiesen hat - in der besonderen
ständigen Überwachung des Betroffenen durch ausreichendes und geeignetes
Vollzugspersonal. Es spricht vieles dafür, dass im vorliegenden Fall Ausführungen
nicht pauschal von vor- und nachbereitenden Gesprächen zur Entdeckung von
Missbrauchs- und Fluchtrisiken abhängig gemacht werden durften. Denn der Be­
schwerdeführer hatte aufgrund seiner langjährigen Inhaftierung mit anschließen­
der Sicherungsverwahrung ein besonderes Interesse an vollzugslockernden Maß­
nahmen zur Erhaltung der Lebenstüchtigkeit. Auch waren in der näheren Vergan­genheit bereits mehrfach Ausführungen oder Ausgänge beanstandungslos verlau­fen. Zudem sind keine besonderen Umstände ersichtlich, die es trotz der dauer­haften Überwachung während einer Ausführung ausnahmsweise erforderlich er­
scheinen ließen, Vor- und Nachgespräche zur Risikoermittlung durchzuführen.
Dabei ist darauf hinzuweisen, dass sich eine Justizvollzugsanstalt, wenn sie vollzugslockernde Maßnahmen versagt, nicht auf bloße pauschale Wertungen oder auf den Hinweis einer abstrakten Flucht- oder Missbrauchsgefahr beschränken darf. Sie hat vielmehr im Rahmen einer Gesamtwürdigung nähere Anhaltspunkte darzulegen, welche geeignet sind, die Prognose einer Flucht- oder Missbrauchsgefahr in der Person des Gefangenen zu konkretisieren. Ob dies geschehen ist, hat die Strafvollstreckungskammer zu überprüfen (vgl. BVerfGE 70, 297 <308>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 2. Mai 2017-2 BvR 1511/16 -, juris, Rn. 6). Dieser Anforderung ist das Landgericht nicht gerecht ge­worden.
(3)  Keiner Entscheidung bedarf die Frage, ob es bei Begleitausgängen aus
verfassungsrechtlicher Sicht angezeigt ist, sie zumindest in bestimmten Fällen nur
unter der Bedingung vor- und nachbereitender Gespräche zu gestatten. Hierfür
spricht, dass es bei Begleitausgängen - im Gegensatz zu Ausführungen - während
der Dauer der Vollzugslockerung regelmäßig keine unmittelbaren Einwirkungs­
möglichkeiten der Justizvollzugsanstalt auf den Gefangenen gibt. Als Anhaltspunk­te für die aus Gründen der öffentlichen Sicherheit gebotene Risikoeinschätzung
kommen im Fall eines Begleitausgangs neben der sorgfältigen Auswahl der Be­gleitperson gegebenenfalls vor- und nachbereitende Gespräche in Betracht. Inso­fern ginge es auch nicht um Mitwirkungspflichten des Gefangenen, sondern ledig­lich um die Erschließung zusätzlicher Erkenntnisquellen durch die Behörden.
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b) Der angegriffene Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom    41 9. Januar 2018 verletzt den Beschwerdeführerin seinem Recht aus Art. 19 Abs. 4 GG.
aa) Eröffnet das Prozessrecht eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19  Abs. 4 GG dem Bürger auch insoweit eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>; 122, 248 <271>; stRspr). Die Rechts­mittelgerichte dürfen ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch die Art und Weise, in der sie die gesetzlichen Voraussetzungen für den Zugang zu einer Sachentscheidung auslegen und anwenden, ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen; der Zugang zu den in der Verfah­rensordnung eingeräumten Instanzen darf nicht von unerfüllbaren oder unzumut­baren Voraussetzungen abhängig gemacht oder in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 96, 27 <39>; 117, 244 <268>; 122, 248 <271 >; stRspr).
bb) Nach diesem Maßstab ist der Beschluss des Oberlandesgerichts mit Art. 19   Abs. 4 GG nicht vereinbar.
§ 119 Abs. 3 StVollzG erlaubt es dem Strafsenat, von einer Begründung der Rechtsbeschwerdeentscheidung abzusehen, wenn er die Beschwerde für unzu­lässig oder offensichtlich unbegründet erachtet. Da von dieser Möglichkeit, deren Einräumung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BVerfGE 50, 287 <289 f.>; 71, 122 <135>; 81, 97 <106>), im vorliegenden Fall - abgesehen von einem ergänzenden Hinweis, der allein Begleitausgänge betrifft - Gebrauch ge­macht wurde, liegen über die Feststellung im Tenor des Beschlusses, dass die Nachprüfung nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitli­chen Rechtsprechung erforderlich sei, hinaus relevante Entscheidungsgründe, die die Kammer einer verfassungsrechtlichen Prüfung unterziehen könnte, nicht vor.
Daraus folgt jedoch nicht, dass der Beschluss selbst sich verfassungsrechtli-  eher Prüfung entzöge oder die Maßstäbe der Prüfung zu lockern wären. Vielmehr ist in einem solchen Fall die Entscheidung bereits dann aufzuheben, wenn an ihrer Vereinbarkeit mit Grundrechten des Beschwerdeführers erhebliche Zweifel beste­hen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Februar 2012 - 2 BvR 309/10 -, juris, Rn. 26 m.w.N.).
Dies ist angesichts der Verletzung von Grundrechten des Beschwerdeführers    durch den landgerichtlichen Beschluss der Fall.
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IV.

Nach § 93c Abs. 2, § 95 Abs. 2 BVerfGG sind die Beschlüsse des Hanseati-   sehen Oberlandesgerichts vom 9. Januar 2018 - 5 Ws 58/17 Vollz - und des Landge­richts Hamburg vom 16. November 2017 - 633 Vollz 167/16 - aufzuheben. Die Sa­che ist zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Hamburg zurückzuverweisen.

V.

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG;    der Beschwerdeführer hat sein Rechtsschutzziel im Wesentlichen erreicht (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 7. März 2017 - 2 BvR 162/16-Juris, Rn. 36).

Huber                               Kessal-Wulf                                König