Petition: L2123-19/527
Gegenstand: Strafvollzug; Haftbedingungen, Kerzen in Hafträumen
Sitzung vom 11.12.2018
Auszugsweise sei aus der Stellungnahme hiermit zitiert:
"In
seiner
Stellungnahme zur Petition führt das Ministerium aus, dass das
Licht als
religiöses Symbol in vielen Religionen verankert sei Eine
Kerze sei jedoch in
der Allgemeinheit kein besonderer religiöser Gegenstand,
sondern könne als
solcher genutzt werden. Kerzen seien ein Kulturgut mit vielfältigen
Nutzungsarten und
Erscheinungen, die weit über die Religion hinausgehen würden.
Die Kerze habe
keine religiös herausgehobene Stellung und finde in vielen
weltlichen Bereichen
Verwendung. Für das Gedenken an Verstorbene gebe es inzwischen
auch 'LED-Kerzen.
Für
den
Petitionsausschuss ist die Kerze mit der Glaubenspraxis eines
Christen eng
verbunden. Eine Kerze symbolisiert im religiösen Kontext den
Gegensatz von Licht
und Finsternis und ist durch das Jesus-Wort „Ich bin das Licht
der Welt" in
der christlichen Gottesdienst- und Glaubenspraxis auf Jesus
Christus bezogen. Ein
künstliches Kerzenlicht kann nicht das Abbrennen einer
echten Kerze ersetzen. Gerade dadurch, dass sich das Material
der Kerze
verzehrt, um Licht spenden zu können, wird symbolisch auf das
Sterben und Auferstehen
Jesu Christi verwiesen. Hierin besteht der Kern des christlichen
Glaubens. Insbesondere
im Rahmen von christlichen Feiertagen und bei der Trauerpraxis von
Christen spielt
die Kerze vor dem dargestellten Hintergrund eine besondere
Rolle und vermittelt
nicht nur Geborgenheit und Wärme, sondern ist für gläubige
Christen auch
Sinnbild für das Leben nach dem Tod. Die Bedeutung der
Kerze und ihres
Lichts gehen in der christlichen Glaubenspraxis Weit über eine
Verwendung
im Rahmen des Brauchtums oder als Dekorationsobjekt
hinaus.
Der
Ausschuss unterstreicht weiterhin, dass § 53 Absatz 3
Strafvollzugsgesetz nicht
auf die ausschließliche Nutzung eines. Gegenstandes im
religiösen Bezug
abstellt. Im Gesetz ist nicht von speziellen Gegenständen oder
einer notwendigen
herausgehobenen Stellung eines Gegenstandes die Rede, sondern
nur von
Gegenständen des religiösen Gebrauchs. Diese Auffassung wird gestützt durch den
Beschluss des
Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. vom. 3. Juli 1986 (Az: 3 Ws 1078/85). Das. Gericht vertritt die
Auffassung, dass unter den
Begriff der Gegenstände
des
religiösen Gebrauchs im Sinne von § 53 Strafvollzugsgesetz
nicht nur solche
fallen würden,
die bereits ihrer
Beschaffenheit nach ohne weiteres dem religiösen Bereich
zuzuordnen seien.
Vielmehr könnten hierzu auch solche
Gegenstände gerechnet werden, die sowohl zu profanen Zwecken wie zu religiösen Kulthandlungen
benutzt werden könnten.
Auf dieser Grundlage
stelle eine
Kerze einen zum religiösen Gebrauch geeigneten Gegenstand
dar. Das Oberlandesgericht
bezieht sich hierbei auf einen
Beschluss des Landgerichts Zweibrücken vom 28. August
1984 (Az: 1 Vollz 41/84).
Dr. Tobias Müller-Monning, Gefangnisseelsorger in .der
Justizvollzugsanstalt Butzbach und
rechtspolitischer Berater der Bundesweiten Konferenz
Evangelische Gefängnisseelsorge,
hat in
einem Artikel im 86. Mitteilungsblatt der Konferenz vom April 2017 konstatiert, dass die Definitionsmacht, ob Kerzen religiöse Gegenstände seien, dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen unterliege. Eine Kerze sei im christlichen Glauben selbstverständlich die Repräsentanz des Christus und symbolisiere die Gegenwart Gottes in vielerlei Hinsicht. Nach Kenntnis des Petitionsausschusses sind bei der Vorbereitung des Erlasses Seelsorger oder Seelsorgerinnen nicht beteiligt worden. Eine solche Einbindung erachtet der Ausschuss jedoch gerade bei einer generellen Regelung für notwendig, um angesichts der Bedeutung des Grundrechts auf freie Religionsausübung eine angemessene Bewertung von religiösen Symbolen vornehmen zu können.
einem Artikel im 86. Mitteilungsblatt der Konferenz vom April 2017 konstatiert, dass die Definitionsmacht, ob Kerzen religiöse Gegenstände seien, dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen unterliege. Eine Kerze sei im christlichen Glauben selbstverständlich die Repräsentanz des Christus und symbolisiere die Gegenwart Gottes in vielerlei Hinsicht. Nach Kenntnis des Petitionsausschusses sind bei der Vorbereitung des Erlasses Seelsorger oder Seelsorgerinnen nicht beteiligt worden. Eine solche Einbindung erachtet der Ausschuss jedoch gerade bei einer generellen Regelung für notwendig, um angesichts der Bedeutung des Grundrechts auf freie Religionsausübung eine angemessene Bewertung von religiösen Symbolen vornehmen zu können.
Das Bundesverfassungsgericht
konstatiert in seinem Beschluss vom 16. Oktober 1968 (Az: 1 ByR 241/66),
dass
der Begriff der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit unter
anderem auch die
Freiheit des kultischen Handelns umfasse. Da
die Religionsausübung zentrale Bedeutung für jeden Glauben und jedes Bekenntnis habe, müsse
dieser Begriff
gegenüber seinem historischen Inhalt extensiv ausgelegt
werden. Dafür spreche,
dass die Religionsfreiheit nicht durch einen ausdrücklichen
Gesetzesvorbehalt
eingeschränkt sei, .nicht mehr in Zusammenhang .mit den
anderen Bestimmungen
über das Verhältnis von Staat und Kirche stehe (BVerfGE 19,
206 (219 f.)),
nicht nach Artikel 18 Grundgesetz
verwirkt werden könne und darüber hinaus durch < verfassungsrechtliche
Sonderregelungen geschützt
sei. Für das Bundesverfassungsgericht gehören demnach
kultische' Handlungen
und die Beachtung religiöser Gebräuche zur
Religionsausübung. Auch die Strafvollstreckungskammer
des. Landgerichts Aachen hat in ihrem Beschluss vom 25. Juni 2014 (Az: 33i StVK 924/13) festgestellt,
dass freie
Religionsausübung auch das Recht des
Gläubigen bedeute, sein äußeres Verhalten nach den Geboten
seines Glaubens
auszurichten. "
Besser kann eine Überleitung in die Festtage kaum gelingen
Frohes Fest
Till-Alexander Hoppe
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